Jeder Mensch entwickelt sich in seinem Leben. Wir verändern uns andauernd, manchmal merken wir es nicht einmal oder erst dann, wenn wir etwas Abstand zu der Sache gewonnen haben. Genauso wie wir uns ändern, so verändert sich auch unsere Schule und das Schulleben darin. Von dem ersten Schultag an, an dem die Einen aufgeregt plappernd mit ihren Freunden in ein neues Schuljahr starten und an dem Andere nervös und still sich zum ersten Mal in dem Gebäude umsehen, in dem sie die nächsten Jahre verbringen werden, bis hin zum letzten Schultag vor den Sommerferien, an dem die meisten laut und fröhlich sich von ihren Freunden verabschieden und dem Schulgebäude hinterherwinken. Diese Entwicklung findet jedes Jahr statt, in dem jeder im Schulgebäude fast ein Jahr älter geworden ist, neue Freunde gefunden hat und mit etwas mehr Selbstbewusstsein durch die Gänge geht. Fünftklässler, die zu Beginn des Schuljahres kaum jemanden kannten, sind fast Sechstklässler geworden, die mit ihren Freunden in den Pausen im Hof Fußball spielen. Achtklässler, zu Beginn des Schuljahres noch nicht alle in ihrer Klasse kennend, aber stolz nicht mehr zu den kleinsten zu gehören, wissen als fast Neuntklässler von vielen ihrer Klasse mehr als sie überhaupt wissen wollten. Elftklässler, zu Beginn des Schuljahres nervös, da sie plötzlich mit so vielen neuen Leuten konfrontierten werden, sind zu Ende des Schuljahres stolz, die Ältesten zu sein.

Man erkennt oft nur im Rückblick auf die vorherigen Schuljahre wie stark sich jeder von Jahr zu Jahr, von Stufe zu Stufe verändert hat. Seltener bemerkt man, wie sich die Schule insgesamt verändert. Aber es gibt diese Zeitpunkte in jedem Schuljahr. Besonders stark erkennt man dies in den Wochen vor Weihnachten. Wenn draußen die Bäume raschelnd ihr Laub verlieren und sich morgens jeder, sobald er im Schulhaus ist, um das Wasser loszuwerden, wie ein nasser Hund schüttelt, dann weiß man: Es ist bald so weit. Die Jacken werden dicker, die Pullover wärmer und ab und zu erschnuppert man in den Pausen einen süßen Mandarinenduft. Mehr und mehr nehmen sich Tee mit und spätestens dann, wenn man aus dem Musiksaal leise Melodien von Weihnachtsliedern vernehmen kann, weiß man: der Advent beginnt. Plötzlich, wie auf ein Signal hin, werden kleine (und manchmal auch größere) Tannenbäume in die Schule geschleppt. Die Klassenräume werden dekoriert, mit Lichterketten und Strohsternen ausgestattet. Und wenn man dann die ersten selbstgebackenen Plätzchen und Lebkuchen sieht oder den Satz „Du glaubt gar nicht, was ich heute im Adventskalender bekommen habe.“, hört, dann weiß man: Die Vorweihnachtszeit hat endgültig begonnen.

Es ist die friedlichste Zeit im Schuljahr. Zu dem Zeitpunkt hat sich jeder eingelebt, sei es als jemand, der ganz neu an die Schule gekommen ist oder sei es als jemand, der zu Beginn des Schuljahres „nur“ in eine neue Klasse gekommen ist. In den Wochen vor Weihnachten hat sich jeder schon der neuen Routine angepasst. Anstatt sich nervös umzusehen und gestresst nach dem richtigen Klassenzimmer suchen zu müssen, wird entspannt von einem Klassenzimmer ins Nächste geschlendert. Die letzten Schulaufgaben vor Weihnachten werden geschrieben, die letzten Exen auch. Und die ein oder andere Lehrkraft erlaubt schon mal einen Film anzusehen. Und dann bricht die letzte Schulwoche vor Heiligabend an: Die Proben für das Weihnachtskonzert werden intensiviert und immer mehr Rentiere und Sterne sieht man auf den Pullovern. Manchmal wird gewichtelt oder mit einem Lehrer eine gemütliche Plätzchenstunde veranstaltet, manchmal sogar Kinderpunsch getrunken. Und dann ist auch schon der letzte Schultag, an dem es scheint, als könnte niemand oft genug „Jingle Bells“ vor sich hin summen. Schließlich werden die letzten Geschenke ausgetauscht, versprochen, diese erst an Heiligabend zu öffnen, und sich mit den Worten verabschiedet: „Fröhliche Weihnachten!“

Ronja Köck