Ein etwas verspäteter Wahlkommentar:
Im Mai 2019 kursierte kurz vor der Europawahl ein Video durch das Internet, in dem der bekannte Youtube Rezo die CDU “zerstörte”. In dem fast einstündigen Video nannte Rezo einige Gründe, warum die Wahlberechtigten bei der bevorstehenden Europawahl die Union nicht wählen sollten. Kurze Zeit später wurde von Rezo noch ein Video veröffentlicht. Dort riefen mehr als 99 Deutsche Influencer dazu auf, nicht die alten Volksparteien wie Union und SPD zu wählen, die aus deren Sicht Politik gegen die Wissenschaft betrieben. Außerdem sollte, laut den Yotubern, niemand rechtsradikale Parteien wählen. Die Influencer machten ihrem Namen alle Ehre und beinflussten wohl tatsächlich die Wählerinnen und Wähler bei der Europawahl. Die Grünen wurden mit 20% zweistärkste Kraft in Deutschland. Und es gab einen Rekord bei der Wahlbeteiligung von jungen Menschen. Bei Wahlberechtigten unter 25 gingen 14 % mehr als bei der letzten Europawahl zur Urne. Kann man also sagen, dass die Grünen nur von den Erstwählern “leben” oder anders gesagt, dass nur die Jugend wirklich die Grünen wählt?
Das kann man nicht so pauschal sagen. Bei der Juniorwahl vor der Bundestagswahl 2021 wurden zwar die Grünen knapp die stärkste Kraft mit 21%, aber es ist auch keine echte Wahl, die wirkliche Auswirkungen auf Landes- oder Bundespolitik hat. Auf Platz zwei landete bei der Spielwahl die SPD mit 19% und die Union auf gut 16%. Nur fast halb so viele Stimmen wie bei der Juniorwahl 2017. Die Ergebnisse wurden hier zeitgleich veröffentlicht. An unserer Schule sieht das Ergebnis der Bundestags-Juniorwahl 2021 so aus: Etwa 20% wählten den Kandidaten der FDP in der Erststimme und 24% die gaben den Liberalen ihre Zweitstimmt. Bündnis 90/ Die Grünen belegten nach der Auswertung Platz zwei.
Bei den tatsächlichen Erstwählern sieht die Statistik ähnlich wie an unserer Schule aus. Dort teilen sich Bündnis 90/ Die Grünen und die FDP den ersten Platz mit jeweils 23%. Auf Platz zwei liegt die SPD mit 15% und die Union liegt mit nur 10% auf Platz 3.
Fazit: Große Marktforschungsunternehmen wie www.forschungsgruppe.de wissen es schon lange, man kann einen genauen Trend bei Parteien nur sehr schwer vorhersagen. Wahlverhalten hängt von vielen Faktoren ab; ebenso ist relevant, ob man an einer echten Wahl teilnimmt oder seine Stimme nur für die Spielwahl abgibt. Sollte tatsächlich einmal das Wahlalter auf 16 herabgesenkt wird, könnte es schon sein, dass sich ein völlig neues Bild in der Parteienlandschaft ergibt. Oder auch nicht.
Korbinian Hofbrückl, Redaktion Kochtop